Lernerfolg - was bestimmt ihn eigentlich? Wie hängen Intelligenz und Lernen zusammen? Kann jemand, der intelligenter ist, besser lernen als jemand, der weniger intelligent ist? Welche Fähigkeiten nutzen wir überhaupt, um erfolgreich zu lernen?
In diesem Artikel lesen Sie den wichtigsten Faktor für Lernerfolg: Die Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus.
Der Artikel ist der Teil 3 einer Serie zu Intelligenz und Lernen. Wie kann man die eigene Intelligenz verbessern und hat damit mehr Lernerfolg?
- Teil 1: Erfahren Sie, wie Sie Ihr Arbeitsgedächtnis verbessern
- Teil 2: So trainieren Sie Ihre geistige Flexibilität, damit Sie zum Beispiel Transferaufgaben besser lösen
Verbesserung der eigenen Intelligenz
Intelligenz setzt sich aus einer Vielzahl von Fähigkeiten zusammen. DIE EINE Intelligenz gibt es gar nicht, darüber ist man sich einig (klick).
Wenn es also gar keine allgemeingültige Form von Intelligenz gibt, so gibt es doch Faktoren, die wir beim Lösen von Problemen brauchen. Ein "Problem" ist übrigens vom Wortursprung nur irgendetwas, das uns vor die Füße geworfen wird, was uns vorgelegt wird. (griech: pro = vor und ballein = werfen).
Probleme werden uns also einfach nur zur Lösung vorgelegt und sind nichts, was die Laune trüben sollte. Beim Lernen spielen Probleme eine wichtige Rolle. Denn wenn mir alles klar ist, ist Lernen langweilig. Interessant wird es doch erst, wenn ich über etwas ein wenig knobeln muss.
Lernerfolg, wenn wir drei Bereiche positiv beeinflussen
Drei wichtige Bereiche, die sich auf unsere Problemlösungsfähigkeit auswirken, können wir tatsächlich beeinflussen! Ich zeige Ihnen, wie das geht und was Sie tun können, um Ihren Lernerfolg ganz massiv zu steigern.
- Ein gutes Arbeitsgedächtnis sorgt dafür, dass Sie sich mehrere Dinge oder Faktoren auf einmal merken können. Dadurch steigt Ihr Spielraum beim Lernen.
- Eine hohe Flexibilität beim Denken bringt Sie auf neue Aspekte und verknüpft vorher Getrenntes zu neuen Erkenntnissen. Das ist beim Lernen wichtig für Transferleistungen.
- Was denken Sie über Ihre eigene Leistungsfähigkeit? Ihre eigene Selbsteinschätzung ist der wichtigste Faktor für Lernerfolg.
Weltweit größte Meta-Studie: Was ist verantwortlich für Lernerfolg?
Die größte Meta-Studie, die weltweit die verschiedenen Einflussfaktoren auf den Lernerfolg untersucht hat, stammt von John Hattie. Er hat herausgefunden, dass ein Faktor entscheidend ist, ob Schüler Erfolg beim Lernen haben oder nicht.
Das Ergebnis bezieht sich weltweit auf 250 Mio Schüler und ist unabhängig vom Kulturkreis, dem Bildungsgrad der Eltern oder anderen Faktoren zu sehen.
- Glaube an sich selbst entscheidet über Lernerfolg
Dieser Faktor wird oft übersehen, wenn Schulen oder Universitäten sich mit guter Lehre und Lernerfolg auseinandersetzen. Es handelt sich dabei um die Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus (klick zur deutschen Auswertung der Studie).
Hier sehen Sie die Faktoren für Lernerfolg, die ganz oben auf der Liste rangieren:
Mit Abstand ist die Selbsteinschätzung der Lernenden der wichtigste Faktor.
Es gibt natürlich auch Faktoren, die sich negativ auf den Lernerfolg auswirken. Dazu gehören unter anderem das Sitzenbleiben und übermäßiges Fernsehen. Das aber nur nebenbei.
Jeder, der sich damit auseinandersetzt, wie Lernen gelingen kann, muss sich fragen: Wie stärken wir die "Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus"?
Was wir dringend benötigen, ist die Stärkung des Selbstbildes von Lernenden. Das gilt für Schüler genauso wie für Studenten und Erwachsene. Hier habe ich kurz die Fallgeschichte meiner ältesten Klientin (74) beschrieben.
- Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist entscheidend
Lasst uns das Vertrauen von Menschen an sich selbst stärken, denn das Vertrauen und der Glaube in die eigenen Fähigkeiten versetzt Berge.
Wenn Sie eine hohe Meinung von Ihren Fähigkeiten haben, dann werden Sie daran glauben, dass Sie eine Hürde beim Lernen meistern werden. Sie werden also zu sich selbst sagen: "Hey, wenn ich es wirklich will, dann schaffe ich das auch." Daraus folgt, dass Sie sich mit so einer Einstellung an Lernaufgaben wagen und dranbleiben, bis Sie es tatsächlich geschafft haben.
Früher oder später werden Sie dann den Lernerfolg haben, auf den Sie hingearbeitet haben und das stärkt wiederum Ihr Selbstvertrauen. Auf diese Weise kommt ein Erfolgszyklus in Gang, der Sie immer wieder bestärkt.
In meiner Lerncoaching-Praxis hatte ich einmal einen Schüler, der sein ganzes Schulleben hindurch immer schlechte Noten hatte. Menschlich ist er ein wirklich feiner Kerl, aber er hat nie an sich geglaubt und dann stand die Abschlussprüfung vor der Tür. Wir haben zusammen gearbeitet und er hat den Schulabschluss für seine Verhältnisse gut gemeistert. Danach hat er sofort eine Lehrstelle gefunden. Wovon ich sehr begeistert bin ist, dass sein Chef von ihm und seinen Fähigkeiten schwärmt und richtig froh ist, einen so fähigen Azubi gewonnen zu haben. Nun endlich vertraut er auf das, was er kann und zeigt gute Leistungen sowohl im Beruf als auch in der Berufsschule.
Es kann gar nicht oft genug wiederholt werden:
Der wichtigste Faktor für Lernerfolg ist das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit.
Nicht die Intelligenz ist entscheidend.
Wenn ich sicher weiß, dass ich etwas schaffe (und es auch schaffen will), dann werde ich mich anstrengen, es zu erreichen. Ich habe dann eine höhere Motivation und eine höhere Frustrationstoleranz, wenn es mal nicht auf Anhieb klappt.
Dieses Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wird bei Kindern wie auch bei Erwachsenen ganz stark von außen beeinflusst: Wie sehen mich andere? Wie beurteilen andere mein Potential? Das kann erheblichen Einfluss auf mein Selbstwertgefühl haben.
Man kennt dieses Phänomen unter "Pygmalion-Effekt" oder unter unter "Rosenthal-Jacobson-Effekt".
Lernerfolg durch den Rosenthal-Jacobson-Effekt
Der Psychologie-Professor Robert Rosenthal hat zu den Auswirkungen einer positiven Erwartungshaltung geforscht. Mit Lenore Jacobson hat er an einer Grundschule ein Experiment durchgeführt, das ein höchst spannendes Ergebnis brachte.
Hier ist die originale Zusammenfassung der Veröffentlichung, mit Klick auf das Bild gelangen Sie zum Dokument:
- Glaube der Lehrer entscheidet über Lernerfolg der Schüler
Rosenthal ging an eine Grundschule, um die Intelligenz der Schüler zu messen. Dann wurden völlig zufällig 20% der Schüler ausgewählt. Den Lehrern hat man berichtet, dass diese Schüler durch einen Entwicklungsschub ihre Leistung steigern würden.
Nach acht Monaten kamen die Forscher wieder an diese Schule und führten erneut einen Intelligenztest durch. Genau die zufällig ausgewählten 20% der Schüler hatten tatsächlich höhere IQ-Werte! Der Trend hielt an, denn 4 Monate später machten sie noch einen weiteren Test mit demselben Ergebnis.
Die Erwartung der Lehrer hat also dafür gesorgt, dass die Schüler ihre Leistung steigern konnten. Die Lehrer haben diese Schüler anders bewertet und geduldiger behandelt. Die ausgewählten Schüler erhielten mehr Zuwendung, mehr Hilfe und mehr Zeit zum Antworten. Die positive Bestätigung der Lehrer verstärkt den Glauben der Schüler an sich selbst und dadurch werden sich die Schüler unbewusst anstrengen, um den Erwartungen zu entsprechen.
Das war die Ursache für die dann folgenden Lernerfolge der Schüler.
- Glaube an sich selbst entscheidet über Karriere
Der Rosenthal-Jacobson-Effekt lässt sich natürlich ebenfalls im Berufsleben beobachten. Auch im beruflichen Alltag spielt die Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus eine herausragende Rolle. Jemand, der nur hofft, seine Ziele zu erreichen, wirkt völlig anders als jemand, der von der eigenen Brillanz überzeugt ist. Das wirkt sowohl nach innen (Selbstwertgefühl) als auch nach außen zu Vorgesetzten und Kollegen. So steigt die Wahrscheinlichkeit, befördert zu werden. Damit erhöhen sich die Anforderungen und dadurch steigt das Leistungsvermögen.
Chefs sollten den Effekt kennen, denn er kann auch dazu führen, dass Menschen eine Position erreichen, auf der sie bei weitem nicht so brillieren, wie sie dachten. Bei der beruflichen Beurteilung sollte man versuchen, sich von dem Effekt nicht blenden zu lassen und tatsächlich die Leistung zu messen. Das ist jedoch eine anderes Thema, das hier nicht weiter vertieft wird...
Ein Appell
Wenn Lernerfolg ganz entscheidend von der Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus abhängt, dann lasst uns das doch bitte fördern! Lasst uns in die unbeschreiblichen und wundervollen Fähigkeiten unserer Kinder und der Schüler glauben! Natürlich auch in unsere eigenen Fähigkeiten und unser Potential!
Je mehr wir von uns erwarten und an uns glauben, desto mehr ist uns möglich.
Noten sind nicht das Maß für Intelligenz, denn so viele andere Faktoren fließen auch noch in die Noten ein. Der Vorname der Kinder hat einen Einfluss auf die Notengebung (heißt das Kind Charlotte oder Kevin), die Kleidung ebenfalls (schlechter gekleidete Kinder bekommen nachweislich schlechtere Noten), die "Bravheit" hat ebenso einen Einfluss (ruhigere Schüler, die mitarbeiten bekommen bessere Noten als aufsässige Schüler, die dasselbe leisten), ebenso wird eine schlechte Handschrift abgestraft. Bei guten Schülern werden in Diktaten weit mehr Fehler übersehen als bei schlechten.
Noten sind also bei weitem nicht so objektiv, wie wir das gerne glauben möchten.
Worum sollte es in der Schule gehen? Doch darum, den Kindern Lust auf's Lernen zu machen! Schüler sollen die Geheimnisse dieser Welt entdecken. Sie sollten jeden Tag lustvoll Fragen entdecken und mit spannenden Antworten nach Hause gehen. Das Staunen sollte im Vordergrund stehen und die forschende Neugierde. Wenn das der Fall ist, stellt sich unweigerlich Lernerfolg ein. Und zwar auch bei Schülern, die vielleicht keine idealen Startbedingungen hatten.
Lesen Sie wohl!
Ihre
Motion Reading ist eine systematisierte und moderne Schnell-Lese-Technik, mit der man wesentliche Informationen aus Texten ungewöhlich schnell erfassen und verarbeiten kann.