Lesen in der digitalen Welt - was ist besser, eBooks oder Bücher? In diesem Artikel erfahren Sie einige Aspekte und Schlaglichter. Außerdem gebe ich Ihnen Tipps, wie Sie schneller und entspannter E-Mails, pdf-Dokumente oder lange Internetseiten (z. B. Fachartikel) lesen können.
Wenn Sie Wünsche für andere Facetten zum Thema Lesen in der digitalen Welt haben, dann schreiben Sie das bitte in die Kommentare.
Konkrete Tipps: Schneller lesen in der digitalen Welt
Wie gestalten wir unser Lesen in der digitalen Welt möglichst leicht und effizient? Wir leben nun mal in einer Zeit, in der immer mehr virtuell und online stattfindet. Weiter unten zeige ich, dass das Lesen auf Papier Vorteile vor digitalem Lesen bietet. Das ist allerdings kein Grund dafür, alles auszudrucken.
Wie bewältigen wir die E-Mail-Flut und Berge von Dokumenten am Rechner? Verträge, Dokumentationen, Handbücher, lange Fachartikel…
- Digitale Welt: E-Mails schneller lesen
Es gibt ein paar ganz praktische Tipps, die ich als Schnell-Lese-Trainerin gerne weitergebe.
Der erste Tipp für Lesen von digitaler Post: Ziehen Sie das Mailfenster an den beiden Seiten ganz schmal (um die 7 cm) und ziehen Sie es nach oben und unten in die Länge. Das sieht erst mal ziemlich gewöhnungsbedürftig aus. Hier ist meine Mailfenster-Größe.
Sie wollen den Wirkmechanismus dieses Tipps verstehen? Bitte schön, hier können Sie alles zur Fixationsspanne nachlesen.
So lesen Sie nun Ihre Mails zukünftig schneller, leichter und effizienter!
5 Schritte für schnelleres Lesen
- Mailfenster schmal ziehen
- Blättern: Bei einer langen Mail einmal nach unten blättern (idealerweise mit der Bild-Taste blättern statt scrollen). Das Blättern hat den Effekt, dass Sie schon mal einen Überblick bekommen, worum es grob geht.
- Leseziel: Halten Sie kurz inne und beantworten Sie für sich die Frage: Warum will ich diese Mail lesen? Auf dieses „Warum“ kann es unterschiedliche Antworten geben.
- Wenn Sie nur einen Überblick wollten, dann haben Sie diesen nach dem Blättern bereits und können zu etwas anderem übergehen.
- Suchen Sie nach spezifischen Informationen?
- Möchten Sie nur wissen, ob Sie was machen sollen?
- Oder wollen Sie etwas Komplexeres verstehen?
Erst wenn Sie sich kurz mit der Frage nach dem „Warum diese Mail“ beschäftigt haben, dann lesen Sie zielgerichtet und effizient.
- Lesen mit Augengleiten: Das eigentliche Lesen sieht nun so aus: Sie blicken in die Mitte des Textes und gleiten mit den Augen von oben nach unten. Ihre Augen brauchen bei dem schmalen Fenster nicht die neue Zeile suchen, sondern bleiben immer mittig. Außerdem springen Sie mit den Augen nicht hin und her, was normalerweise Zeit und Konzentration fordert. Idealerweise lesen Sie nicht komplett mittig, sondern etwas nach links verschoben. Warum das so ist, erfahren Sie im Artikel über die Fixationsspanne.
- Aktion: Wenn sie die Mail gelesen haben, machen Sie etwas damit: Entweder Sie handeln sofort oder Sie legen die Mail nur ab oder löschen Sie sofort. Belasten Sie sich nicht damit, dieselbe Mail ein zweites Mal zu lesen. Es sei denn natürlich, Sie wollen später noch mal was nachschauen.
So zu lesen, ist vielleicht erst mal ungewohnt, ist aber nicht so ermüdend, sondern effizienter und geht schneller. Probieren Sie es aus, ich freue mich über Ihre Rückmeldungen!
- Digitale Welt: pdf-Dokumente schneller lesen
Dasselbe Prinzip wie beim Mail-Lesen gilt auch für pdf-Dokumente. Lesen in der digitalen Welt heißt ja auch, mit langen Dateien zu jonglieren. Das kann anstrengend sein.
Hier sind die Tipps, mit denen Sie alle Arten von pdfs schneller lesen werden, falls ein Zeilenumbruch möglich ist.
- Pdf-Reader-Fenster schmal ziehen. Wenn Sie Glück haben, wird das Dokument die Zeilen umbrechen. Bei manchen pdfs können Sie Pech haben: Dann erscheint beim Schmalziehen des Fensters unten eine Scroll-Leiste. Wenn das der Fall ist, funktioniert der Trick bei diesem Dokument nicht.
- Blättern mit der Bild-ab-Taste
- Leseziel festlegen „Was will ich erfahren?“
- Lesen mit Augengleiten
- Aktion: Den Inhalt mental festhalten oder irgendetwas anderes damit tun.
Bei Word klappt das Schmalziehen des Fensters übrigens nicht, denn Word produziert immer einen Scrollbalken. Damit würde man den Leseprozess bremsen statt beschleunigen.
- Lange Webseiten schneller lesen mit SwiftRead
Der Chrome-Browser hat ein witziges Plugin, das ich hier einfach mal erwähnen will. Früher hieß es Spreed, mittlerweile finden Sie es unter SwiftRead. Installieren Sie es in Ihrem Chrome Browser und spielen ein wenig damit, wenn Sie lange Webseiten lesen. Ich habe oft großen Spaß damit.
Sie können mit dem Plugin Ihre Lesegeschwindigkeit verdreifachen. Einfach nur dadurch, weil Ihre Augen sich nicht zu bewegen brauchen. Hier habe ich das noch näher beschrieben.
Nun wissen Sie also, wie Sie in der digitalen Welt schneller lesen können. Nun schauen wir mal, wie es mit der Behaltensleistung aussieht.
Wie behalten wir Inhalte beim Lesen besser?
Print oder Digital?
Willkommen in der digitalen Welt des Lesens: Bei Amazon kommen mittlerweile 105 verkaufte eBooks auf 100 gedruckte Bücher, Tendenz steigend. Der deutsche Buchmarkt sieht noch anders aus, aber es ist doch interessant, mal den Unterschied dieser beiden Medien zu betrachten.
Ganz offensichtliche Unterschiede zwischen eBooks und gedruckten Büchern sind:
- Gewicht (stellen Sie sich die 7 Harry Potter-Bände vor und einen dünnen eReader),
- Stromverbrauch ja oder nein
- die Zugänglichkeit zu noch mehr Lesefutter, wenn Sie am Strand liegen.
Wie aber sieht es mit der Behaltensleistung aus, gibt es da Unterschiede?
Denn mich als Schnell-Lese-Trainerin interessiert eigentlich nicht, wie schnell jemand lesen kann. Ich möchte vielmehr wissen, wie verlässlich Menschen die Informationen abspeichern, die sie gelesen haben. Zu lesen und danach alles zu vergessen, ist am Strand nett. Im beruflichen Kontext ist es Zeitverschwendung.
E-Book-Reader haben lt. Studie keine Nachteile gegenüber Büchern - echt jetzt?
Glauben Sie das? Würden Sie das ganz subjektiv unterschreiben?
Tatsächlich hat die Johannes Gutenberg-Universität in Mainz eine weltweite Lesestudie durchgeführt. Das Ergebnis wurde von der Pressestelle so zusammengefasst: „Das Lesen auf elektronischen Lesegeräten hat keine Nachteile gegenüber dem Lesen gedruckter Texte.“ Quelle: klick
Da ist es doch spannend, mal genauer in die Studie hineinzublättern. Hier gibt’s eine Zusammenfassung: klick
Die Studie hat die Leseprozesse in Echtzeit anhand der Augenbewegungen und der Hirnaktivität gemessen. Außerdem gab es Verständnisfragen, um die Behaltensleistung abzufragen.
- Kurzfristige Behaltensleistung bei Print und Digital
Hier ist das Ergebnis: Die Behaltensleistung, gemessen anhand der Fragenbeantwortung, ist annähernd identisch, egal ob mit einem Tablet, E-Ink-Reader oder mit Papier gelesen wurde.
Das ist zunächst ein tröstliches Ergebnis für alle Kulturpessimisten.
Als ich das Ergebnis gelesen habe, wollte ich erst mal wissen, wer denn der Auftraggeber der Studie war: Mitinitiatorin und Kooperationspartnerin ist die MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH, Betreiberin der E-Book-Plattform libreka! Das ist doch interessant und ich lasse das hier einfach mal so stehen.
Für mich als Lerncoach ist wichtig zu verdeutlichen: Die fast identische Behaltensleistung gilt nicht fürs Lernen. Denn im Lernkontext gibt es eine Vielzahl anderer Studien, auf die ich unten kurz eingehe. Tatsächlich spricht die Behaltensleistung beim Lernen mit Abstand für gedruckte Unterlagen.
Die Grafik mit den blauen Balken zeigt nur die kurzfristige Behaltensleistung anhand von Fragen zum Text.
Schüler, Studenten oder Erwachsene, die sich beruflich weiterbilden, müssen viel komplexere Stoffe behalten und verarbeiten. Das wiederum geht tatsächlich weit besser mit blätterbarem, haptisch erlebbarem Papier, wie wir unten sehen werden.
- Wohlfühlfaktor
Mich interessiert noch eine weitere Frage: Wie ist es mit dem Wohlfühlfaktor? Der ist zwar sehr subjektiv, aber hey, das spielt ja wohl eine entscheidende Rolle bei vielen Lesestunden pro Tag.
Im Durchschnitt lesen wir 2 Stunden jeden Tag beruflich. 2 Stunden täglich berufliches Lesen.
Wer mit Schnell-Lese-Techniken arbeitet, weiß, dass das Wohlfühlen beim Lesen eine ganz entscheidende Rolle für das Lesetempo und das Leseergebnis spielt. Und dann ist das Wohlfühlen plötzlich nicht mehr nur ein subjektiver Faktor, sondern eine Grundvoraussetzung für rasantes, zielgerichtetes und effizientes Lesen.
Beim Wohlfühlen gewinnt in der Studie der Uni Mainz haushoch das Papier und zwar über alle Altersgruppen hinweg. Sowohl die Jüngeren als auch die ältere Generation bevorzugt ganz eindeutig das Lesen von gedruckten Texten. Erstaunlich ist, dass der E-Reader beim Wohlfühlen sogar schlechter als das Tablet abgeschnitten hat.
- Lesbarkeit
Die Lesbarkeit der Schrift ist ein weiterer Aspekt, der für mich als Schnell-Lese-Trainerin wichtig ist. Schauen wir doch mal kurz nach den Unterschieden zwischen den 3 Medien. Wieder liegt das gedruckte Papier weit vorne, der Unterschied zwischen Tablet und e-Ink-Reader ist auch wieder bemerkenswert.
Behaltensleistung beim Lernen. Bücher sind überlegen
Es gibt es noch andere Untersuchungen, die explizit das Lernen im Fokus haben und eine längerfristige Behaltensleistung untersuchen.
Wie so oft ist Werbung ein gut untersuchtes Feld. Printwerbung scheint länger und sogar besser im Gedächtnis zu bleiben als Onlinewerbung. Ein repräsentative Befragung hat ermittelt, dass sich 80% der Abozeitungsleser an die beworbenen Marken erinnerten. (Wer hat diese Studie beauftragt? Ein Printanzeigenverkäufer )
Woran liegt die hohe Zahl der erinnerten Anzeigen? Wir Menschen begreifen Inhalte, wir verstehen etwas. Unsere Sprache drückt es schon aus: Die Welt nehmen wir körperlich wahr. Wenn wir etwas in der Hand haben, machen wir eine haptische Erfahrung und dadurch werden zusätzliche Hirnareale aktiviert.
Das hat in den 1940er Jahren der Psychologe Donald Hebb schon nachgewiesen und die „Hebb’sche Lernregel“ aufgestellt: „What fires together, wires together“. Wenn ein schwacher Reiz (Buch in der Hand, Gefühl des Papiers) und ein starker Reiz (Lerninhalte) immer wieder miteinander gekoppelt sind, dann verstärken sich diese beiden Reize gegenseitig.
Lerndidaktische Studien: Print besser als digitales Lesen
Naomi S. Baron ist Professorin für Linguistik an der American University in Washington und ist eindeutig auf der Seite der gedruckten Bücher. Sie plädiert dafür, dass Studien das Lernen nicht nur oberflächlich betrachten dürfen.
Digitales Lesen hat große Vorteile beim Referenzieren, bei Nachschlagewerken und auch bei Lernplattformen. Außerdem sind Videos besser als eine Abfolge von gedruckten Zeichnungen.
Beim Lesen von längeren Texten jedoch ist bedrucktes Papier unschlagbar digitalen Angeboten überlegen. Es funktioniert mit weniger Ablenkung, man ist fokussierter und taucht in die Gedanken tiefer ein als bei einem digitalen Text.
In meinen Schnell-Lese-Trainings wird das Thema regelmäßig von den Teilnehmern diskutiert. Ich hatte noch keine einzige Teilnehmerin und auch noch keinen Teilnehmer, der lieber digitale Texte liest, wenn es ums Lernen und Verstehen geht.
Genuss-Lesen mit dem Krimi auf dem eReader ist wunderbar. Im Gegensatz dazu sind im beruflichen Kontext und beim Lernen in Schule und Uni gedruckte Texte viel besser geeignet. Doch seien wir realistisch. Studenten können doch nicht alle Skripte ausdrucken, mit denen sie lernen?
Ein bisschen gemildert wird dieses Dilemma von einem Startup: klick Hier kann man bis zu 160 Seiten Uniskript im Monat kostenlos ausdrucken lassen, das wird dann sogar gratis nach Hause geschickt. (Stand 16.03.2020)
Exkurs: Serifenlose Schrift vs. Serifen und unsere Wahrnehmung
Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die Schriften am Rechner und in Büchern sich in der Gestaltung stark unterscheiden? Das liegt an den sogenannten Serifen. Diese kleinen Häkchen oder Füßchen an den Buchstaben, die man normalerweise gar nicht bewusst wahrnimmt. Sie verlaufen immer in Querrichtung zum Strich des Buchstabens.
Dies hier ist eine Schrift mit Serifen.
Am Rechner oder Handy sieht so eine Schriftart unangenehm aus, da bevorzugen wir serifenlose Schriften. Ich habe mich schon öfter mal gefragt, warum die winzigen Strichlein an den Buchstaben so einen großen Unterschied machen und werde nun das Geheimnis für mich und Sie lüften!
Die Begründung dafür ist simpel, die genaueren Gründe komplex. Dabei geht es um die Lesegeschwindigkeit: Auf Papier gedruckte Texte werden bei einer Schrift mit Serifen bis zu einem Fünftel schneller gelesen als serifenlose Schriften (bei unserem lateinischen Alphabet).
Das hängt mit unserer Mustererkennung zusammen. Denn das Auge wird durch die zusätzlichen dünnen Striche so geführt, dass wir die Buchstaben schneller erkennen können.
Warum gilt das aber nur für gedruckte Texte und nicht am Bildschirm? Es gibt Studien, die nahe legen, dass der Leseprozess am Bildschirm zwar genauso schnell ist wie bei Papier. Das große Aber liegt in der Verarbeitung des Gelesenen. Am Monitor lesen wir flüchtiger und weniger detailfokussiert. Das passt exakt zur Behaltensleistung, die bei gedruckten Texten höher ist.
Tipp: Vortrag "Lesen in der Digitalen Welt - "ich bin gut informiert" ist eine Illusion.
Motion Reading ist eine systematisierte und moderne Schnell-Lese-Technik, mit der man wesentliche Informationen aus Texten ungewöhlich schnell erfassen und verarbeiten kann.