KI ist ein Machtinstrument. Die Frage ist: Wer nutzt es?
Führungskräfte setzen KI doppelt so häufig ein wie ihre Teams. Microsoft-Manager gesteht unter Eid: Europäische Daten sind nicht sicher. Und an der Stanford University forschen KI-Systeme eigenständig – beaufsichtigt von anderen KIs. Macht wird neu verteilt.
KI-Denksplitter #12, veröffentlicht am 02.09.2025
Das KI-Paradox: Manager nutzen sie, Teams nicht
Führungskräfte nutzen KI doppelt so häufig wie ihre Teams, aber vergessen dabei, den Weg zu weisen.
Eine Gallup-Studie und ein BCG-Report zeigen einen paradoxen Trend: Doppelt so viele Führungskräfte wie ihre Teammitglieder nutzen KI regelmäßig am Arbeitsplatz. Manager sind also nicht die KI-Verweigerer, für die sie oft gehalten werden. Das Problem liegt woanders.
Auch die KI-Nutzung hat sich in zwei Jahren fast verdoppelt. Allerdings hinkt die strategische Führung dramatisch hinterher. 44% der Unternehmen integrieren bereits KI-Tools, aber nur 22% haben ihren Teams eine klare Strategie dafür kommuniziert. Noch schlimmer: Nur 30% haben überhaupt Richtlinien für den KI-Einsatz entwickelt.
Das Ergebnis ist vorhersehbar. Mitarbeiter experimentieren planlos, zu viele finden die bereitgestellten KI-Tools nutzlos für ihre Arbeit. Der häufigste Stolperstein sind unklare Anwendungsfälle. Teams wissen schlicht nicht, wofür sie KI sinnvoll einsetzen sollen.
Nicht verwunderlich ist, wer KI bereits nutzt, sieht den Mehrwert deutlich. 68% der Mitarbeiter mit KI-Erfahrung im Kundenkontakt bewerten die Auswirkungen positiv. Von denen ohne Erfahrung glauben das nur 13%, ein Drittel fühlt sich mit KI alleine gelassen und über die Hälfte nutzt KI ohne Zustimmung ihrer Arbeitgeber, um sich das Leben zu erleichtern.
Die Frage ist nicht, ob Sie als Führungskraft KI nutzen. Die Frage ist: Helfen Sie Ihren Teams dabei?
Hier ist ein Fokus-Artikel über die Chancen von KI für den Mittelstand. Wer jetzt handelt, kann Effizienz steigern und Wettbewerbsvorteile sichern und zwar nicht nur mit den LLMs oder LRMs der großen Anbieter, sondern mit kleinen, günstigen und spezialisierten Modellen. Leiden Sie auch unter einem hohen Steuer- und Abgabeniveau, zunehmender Bürokratie und auch noch unter Fachkräftemangel? Ohne KI geht's nicht mehr. Sie ist kein Allheilmittel, aber wer diese Querschnittstechnologie nicht nutzt, ergreift die Chancen nicht.
Datensouveränität: Schöne Worte, harte Realität
"Nein, das kann ich nicht garantieren." Das sagte ein Microsoft-Manager vor dem französischen Senat, als er unter Eid gefragt wurde, ob er garantieren könne, dass französische Bürgerdaten niemals ohne französische Genehmigung an US-Behörden übertragen würden.
Damit ist offiziell bestätigt, was Datenschützer schon lange befürchten: Der Cloud Act gibt der US-Regierung die Befugnis, digitale Daten von US-Technologieunternehmen zu erhalten und zwar unabhängig davon, wo diese gespeichert sind.
Alle schönen Worte über EU-Rechenzentren und Datengrenzen helfen nicht, wenn am Ende amerikanisches Recht europäisches überstimmt. Solange amerikanische Tech-Anbieter den Schlüssel halten, besitzt Europa seine Daten nicht.
Was bedeutet das für Sie? Denken Sie mal über lokale und/oder europäische KI-Installationen nach. Sie können Ihre Daten zum Beispiel Anbietern wie Jay-Win anvertrauen. Dann liegen Ihre Daten in Kirchheim bei München, in einem Hochsicherheitsrechenzentrum, das mit 100% erneuerbarer Energie betrieben wird. Dort sind sie sicherer als bei Ihnen im Keller oder bei amerikanischen Konzernen. Auch das ist eine Frage der Macht.
KI forscht, bewertet und tagt unter sich
An der Stanford University passiert gerade etwas Faszinierendes und zwar keine Science Fiction, sondern Real Science und Sie können am 22.10.2025 dabei sein. Stanford hat auch Storm entwickelt, das für große Augen sorgt, wenn jemand noch nie KI-Agents bei der Recherche und Diskussion über ein Thema beobachtet hat. Das aber nur am Rande, falls Sie Storm noch nicht kennen. Ich habe verschiedene Lehraufträge für wissenschaftliches Arbeiten mit KI-Unterstützung und nutze Storm seit 2023 sehr intensiv.
Bei der ersten "Open Conference of AI Agents for Science 2025" können Sie selber Ihr wissenschaftliches Paper einreichen, sofern es KI-generiert ist und die KI als alleinige Erstautorin aufgeführt ist. Hier ist der Call for Papers. Wer entscheidet dann, welche KI ihr Paper bei der Konferenz vorstellen darf? Na, ein KI-Gremium. Jede Arbeit wird von mehreren KI-Systemen bewertet, um Verzerrungen durch ein bestimmtes Modell zu vermeiden. Immerhin behält am Schluss ein menschliches Gremium die Oberaufsicht.
KI muss beaufsichtigt werden
Das empfehle ich in Unternehmen auch immer wärmstens. Generative KI basiert auf Statistik und nur weil es heute wahrscheinlich nicht regnet, können Sie trotzdem nass werden. Lassen Sie Ihre Ergebnisse (wenn sie wichtig sind) immer von einem anderen KI-Modell gegenchecken. Der Prompt dafür ist denkbar einfach: Mach einen sorgfältigen Fakten-Check. Oder mach einen Plausibilitäts-Check und lass dir Zeit dabei. Letztlich müssen Menschen die Verantwortung für die KI-generierten Ergebnisse tragen. Denken Sie an das Human in the Loop-Prinzip.
So faszinierend diese KI-Konferenz ohne Menschen ist, so sorgfältig müssen die Ergebnisse überwacht werden. Denn die andere Seite ist: KI-Systeme fluten die Wissenschaft mit gefälschten Studien und Zitaten. Hier ein Artikel, wie KI das Fundament der Wissenschaft mit Fake-Studien bedroht und der die Frage aufwirft, ob KI-generierte Fake-Forschung Schlampigkeit ist oder ein Geschäftsmodell. Es gibt zwar eine Ethik-Richtlinie, aber wer soll die überwachen? Ohne entsprechend trainierte KI gelingt uns das nicht mehr.
So beängstigend das sein mag, es gibt doch immer auch was zum Schmunzeln: Scientific Journal Publishes AI-Generated Rat with Gigantic Penis.
Praxistipp: KI-Profi werden
Wenn Sie KI effizient nutzen wollen, hier ein kurzes Setup, das den Unterschied macht:
Custom Instructions nutzen: Definieren Sie in den Einstellungen einmal, wie ChatGPT und Claude mit Ihnen kommunizieren sollen. Statt jeden Chat von vorne zu beginnen, arbeiten die KIs dann nach Ihren Vorgaben.
Projekte statt Einzelchats: Organisieren Sie zusammengehörige Aufgaben in Projekten. So behalten ChatGPT und Claude den Kontext und Sie den Überblick.
Eigene GPTs für Routine-Aufgaben: Erstellen Sie spezialisierte Assistenzen für wiederkehrende Aufgaben. Ein GPT für E-Mails, einer für Analyse, einer für Kreatives. Hier einer für Stellenanzeigen, den Sie nutzen können.
Das ist kein Hexenwerk, sondern leicht umgesetzte professionelle KI-Nutzung. Probieren Sie es aus, die Investition von einer Stunde zahlt sich sofort aus.
Prompt-Tipp
Wenn Sie einen Sack voller Gedanken und Ideen haben, aber sich schwer damit tun, sie zu ordnen, dann probieren Sie doch mal diesen Prompt. Die drei Striche (Sie können auch ### oder anderes verwenden) dienen als Separator, damit die KI erkennt, wann Ihr Gedankenchaos zu Ende ist und der Arbeitsauftrag startet:
[Ihre ungeordneten Gedanken, die Sie auch einfach per Audioaufnahme ins Handy zu ChatGPT quatschen können.]
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1. Clustere diese Gedanken nach Kategorien. 2. Sortiere sie nach Wirkung und Aufwand. 3. Gib mir die 3 nächsten sinnvollen Schritte und begründe.
Kurz notiert
Gruselig: Sie müssen nicht einmal ein Gerät dabeihaben. Nur indem Sie durch ein WLAN-Netz spazieren, können Sie eindeutig identifiziert werden. Die digitale Überwachung wird immer raffinierter.
Anders gruselig ist der Roboter-Kannibalismus, der Forschende begeistert. Ist das eine Metapher für unsere derzeitige Arbeitswelt? Menschen mit KI kannibalisieren die ohne KI?
Wissenschaftlich belegt: Was ich immer schon vertreten habe, ist jetzt Stand der Wissenschaft: KI-Modelle simulieren "Denken" nur. Wir sollten KI als unsere dritte Gehirnhälfte nutzen, aber weiterhin selber steuern. Habe ich schon oft in den KI-Denksplittern erwähnt, ist aber so wichtig, dass ich nicht müde werde, darauf hinzuweisen. Die KI denkt nicht selbst, aber sie kann unser Denken strukturieren. Sie erkennt Muster, kombiniert Informationen und präsentiert Ergebnisse in einer Form, die uns intelligent erscheint. Bitte vergessen Sie niemals, dass dahinter keine Erkenntnis steht, sondern Statistik.
Sicherheitslücken: In einer bemerkenswerten Zusammenarbeit haben die KI-Rivalen OpenAI und Anthropic die Sicherheitslücken des jeweils anderen Modells aufgedeckt und kooperieren mit Washington. Das Thema Cybercrime ist ein trauriges, aber wichtiges. In den nächsten Denksplittern werden Sie mehr darüber lesen.